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Beratungsbüro
Baderstraße 11
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Warum „Jugendberatung“?

Dem Jugendalter wird generell ein hoher Orientierungs- und Informationsbedarf zuerkannt. Verschiedenste, vielfach konkurrierende Anforderungen in den einzelnen Lebens- und Entwicklungsfeldern führen in dieser Lebensphase zu Unsicherheiten und Desorientierungen, die gegenwärtig durch die verschlechterte Situation der Jugend in unserer Gesellschaft (Lehrstellenmangel, Arbeitslosigkeit etc.) und eine allgemeine Werteverunsicherung noch verstärkt werden. Jugendberatung als pädagogische Aufgabe und Handlungsform ist unter bestimmten Voraussetzungen in der Lage, den Jugendlichen wirksame Hilfen und Unterstützung bei der Bewältigung der an sie herangetragenen Entwicklungsaufgaben sowie in akuten Krisensituationen zu bieten. Dies können insbesondere sein:

  • Konflikte in der Familie (Eltern / Erziehungsberechtigte);
  • Probleme bei der Trennung der Eltern;
  • Probleme in Schule und Ausbildung;
  • Beziehungsprobleme (Freundschaften / Partnerschaften);
  • Fragen zu Liebe und Sexualität;
  • Erleiden seelischer und körperlicher Gewalt;
  • Emotionale Probleme (Depression und Einsamkeit);
  • Essstörungen;
  • Neigung zu selbstverletzendem Verhalten;
  • Probleme mit Alkohol und anderen (vor allem: illegalen) Drogen;
  • Selbstmordgedanken.

Die Akzeptanz und damit letztlich die Effektivität eines derartigen zielgruppenorientierten Beratungsangebots hängt dabei primär davon ab, inwieweit es gelingt, den Vorstellungen und Erwartungen der Jugendlichen in inhaltlicher sowie institutionell-organisatorischer Hinsicht zu entsprechen. Die Erfahrung, dass Jugendliche und junge Erwachsene beiderlei Geschlechts nur in geringer Anzahl herkömmliche Erziehungsberatungsstellen und deren psychosoziales Beratungsangebot in Anspruch nehmen (… Erziehung? Nein danke!), ist auch darauf zurückzuführen, dass diese Institutionen in der Regel nicht gesondert auf die Zielgruppe der Jugendlichen eingestellt sind; sie repräsentieren in deren Augen vielmehr die Welt der Erwachsenen und der Kinder. Zu beiden halten Jugendliche eher Abstand: Die Kindheit haben sie selber gerade hinter sich gelassen und mit der Erwachsenenwelt befinden sie sich häufig in heftigen Auseinandersetzungen, oft genug auch in schwerwiegenden Konflikten. Wollen sie diese bestehen, brauchen sie Personen, die sie stärken und Bereiche, die ihnen eigen sind. Oftmals ist die Hilfe einer professionellen Beratung erforderlich, um Jugendliche auf die Zukunft (in sozialer und beruflicher Hinsicht) vorzubereiten und sie aus für sie alleine unlösbaren Konflikten herauszuführen.

Eine Beratungsstelle, die deutlich macht, dass sie speziell Jugendlichen zur Verfügung steht, in der BeraterInnen sich auskennen mit ihren spezifischen Fragen und Problemlagen und sich einstellen auf ihre besonderen Interessen und Bedürfnisse, wird erfahrungsgemäß rasch akzeptiert und somit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Anspruch genommen.

Jugend als „Problemphase“

Jugendliche befinden sich nicht nur in der Phase ihrer vollständigen körperlichen und sexuellen Entwicklung. Sie erfahren gleichzeitig eine schnelle Steigerung ihrer emotionalen und kognitiven Kräfte und Möglichkeiten. Sie wachsen in neue soziale Aktivitäten und Bezüge in den Bereichen Schule, Ausbildung, Beruf und Freizeit hinein und erleben sich erstmals in den Beziehungen zu Partnerinnen. Sie sind im Begriff, Perspektiven für ihre Zukunft und ihre Einstellungen im politischen und gesellschaftlichen leben zu entwickeln.

Die Suche nach der eigenen Identität bedeutet nicht zuletzt Verselbständigung gegenüber den Eltern, Loslösung von kindlichen Bindungen, Sicherheiten und Selbstverständlichkeiten. Diese Vorgänge verursachen eine tiefe Krise, denn es muss das Altvertraute aufgegeben werden, ohne dass eine Gewissheit darüber besteht, was an diese Stelle tritt. Aus der Ungewissheit erwachsende Ängste und Unsicherheiten führen zu permanenten Widersprüchen und Ambivalenzen, die sowohl von den Jugendlichen als auch von den dazugehörigen Erwachsenen erlebt werden. Die Jugendlichen erleben in sich den Widerstreit vieler Gefühlsgegensätze: Panik und Zuversicht, das Gefühl von Einsamkeit und Geborgenheitswünsche, Allmachts- und Ohnmachtsphantasien, die Sehnsucht nach Gruppenzugehörigkeit und das Bedürfnis nach Individualität und Unabhängigkeit.

Deutlichen Ausdruck finden diese Spannungen in dem Verhältnis der Jugendlichen zu ihren Eltern und zu anderen Erwachsenen (Lehrer, Ausbilder etc.). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass sich die (jeweiligen) gesellschaftlichen Bedingungen tiefgreifend auf die Identitätsfindung und Lebensgestaltung Jugendlicher auswirken. Jugendliche sind heute mit einem hohen Maß an gesellschaftlichen Widersprüchen konfrontiert, für die sie sich individuell Lösungen suchen müssen. Einerseits werden den Heranwachsenden eine Fülle von Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten geboten; andererseits ist ihnen mit diesen Möglichkeiten die Last der frühen eigenständigen Entscheidungsfindung auferlegt. Jugendliche erleben, dass soziale Regeln und Normen, Sitten und Konventionen, Übereinkünfte über das, “was man tut und was man nicht tut”, immer geringere Bedeutung zukommt. Lebensführung und Lebensstile werden immer vielfältiger.

Die Zugehörigkeit zu sozialen Netzwerken im engeren Sinne, wie z.B. größere Familiengefüge und Nachbarschaften, und die Möglichkeit, sich an ihnen zu orientieren, nimmt ab. Hinzu kommt, dass Jugendliche heute seitens der Gesellschaft kaum noch sichere Angebote gemacht werden. Das zeigt sich insbesondere in folgendem Bereich: An Schul- und Ausbildungsabschlüsse sind keine zuverlässigen Perspektiven mehr gekoppelt. Arbeitsplätze und Berufstätigkeiten sind verbunden mit Ängsten und Ungewissheiten. Unter diesen Vorzeichen müssen Jugendliche eine immense Kraftanstrengung leisten, um ihre eigene Identität zu entwickeln und ihre eigene Biographie, die zunehmend häufiger eine “Bastelbiographie” wird, aufzubauen.

Jugendberatung als Beratungsangebot nach SGB VIII (KJHG)

  • Jugendberatung (§ 11 (3) 6) (vgl. auch § 8 (3));
  • Beratung in allgemeinen Fragen der Erziehung und Entwicklung junger Menschen (§ 16 (2) 2);
  • Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung (§ 17);
  • Erziehungsberatung (§ 28).

Während sowohl in § 16 (“Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie”) als auch in § 28 (“Erziehungsberatung”) der Erziehungsgedanke – und damit die Perspektive der Eltern als Erziehungsberechtigte – im Vordergrund der Betrachtung steht (§ 17 bezieht sich ebenfalls primär auf Probleme von “Müttern und Vätern”), wird in § 11 (Jugendarbeit) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Jugendarbeit – und damit auch Jugendberatung als einem der Schwerpunkte der Jugendarbeit – an den Interessen junger Menschen anknüpfen soll. Sowohl Jugendberatung als auch die anderen aufgeführten Angebote der Jugendarbeit sollen von den Jugendlichen ” … mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen”.

Jugendberatung in der Jugendhilfestation Greifswald

In der Jugendhilfestation werden von einem multiprofessionellen Team (SozialpädagogInnen, Erzieherinnen, HeilpädagogInnen und einer Psychologin) flexibel organisierte Hilfen zur Erziehung aus einer Hand angeboten und durchgeführt. Die besonderen Leistungsmerkmale der Jugendhilfestation beruhen somit auf der Fähigkeit, sich mit ihren Hilfsangeboten an verschiedenste und sich jeweils spezifisch wandelnde individuelle Problemlagen von Klienten (Kinder, Jugendliche, Eltern, Erziehungsberechtigte, Familien) anzupassen. Als Ergänzung der Hilfen zur Erziehung dienen Angebote der offenen Jugendarbeit nach SGB VIII (KJHG) § 11 einschließlich Jugendberatung als einem der vom Gesetzgeber intendierten “Schwerpunkte”.

Während die sozialpädagogischen MitarbeiterInnen der Einrichtung sich vornehmlich auf die Realisierung der Hilfen zur Erziehung und bestimmter Angebote der offenen Jugendarbeit konzentrieren, obliegt der für uns tätigen Psychologin neben der Tätigkeit als Erziehungsberaterin die Aufgabe, die Beratung der Jugendlichen zu gewährleisten. Als ratsuchende Jugendliche treten dabei sowohl Jugendliche in Erscheinung, die im Rahmen von Hilfen zur Erziehung betreut werden (beispielsweise im Betreuten Wohnen), als auch Jugendliche (und junge Volljährige), die entweder über den Weg der offenen Angebote oder aber über sonstige Wege das beratende Gespräch mit der Psychologin suchen.

Aufgabe der Jugendberaterin ist es, die konkreten Fragen und besonderen Probleme der Jugendlichen in den Mittelpunkt der Arbeit zu rücken. Grundsätzlich kann jedes Problem und jede Frage angesprochen werden. Die Jugendberaterin wäre jedoch überfordert, sollte sie jedes Problem auch selbst bearbeiten. Die Beraterin kann vielfach nur als erste Anlaufstelle dienen, die gegebenenfalls an andere Beratungsstellen oder auch an therapeutische Einrichtungen weitervermittelt. Bei einer Weitervermittlung darf der Jugendliche jedoch nie das Gefühl haben, herumgereicht zu werden. Er erwartet auch von einer ersten Anlaufsteile unmittelbare und konkrete Hilfe. Am Beratungsprozess selbst werden die Jugendlichen aktiv beteiligt. Es gilt, ihre Eigeninitiative zu fördern und ihnen die Eigenverantwortung soweit wie möglich zu überlassen. Jugendberatung hat die Aufgabe, fall-, entwicklungs- und situationsangemessene Hilfen zu bieten und damit den jeweiligen Sozialisationsbedingungen der Jugendlichen gerecht zu werden.

Primäres Ziel ist es, die Jugendlichen handlungsfähig zu machen, d.h. sie zu unterstützen, aktuelle und zukünftige Konflikte besser bewältigen zu können: letztlich Hilfe zur Selbsthilfe zu bieten. Dies kann, je nachdem, auf welcher Ebene die konkrete Problemlage angesiedelt ist, Information, Orientierung oder Lebenshilfe bedeuten:

  • Bei Problemen im Rahmen von Prozessen gesellschaftlicher Integration hat (Jugend)Beratung die Aufgabe, umfassende Informationen zu bieten, um die Entscheidungsfähigkeit der Jugendlichen zu stärken;
  • Ist die Persönlichkeit des Jugendlichen betroffen, liegen die Probleme also z.B. in Orientierungslosigkeit oder Aggressivität, so muss der orientierende Aspekt der Beratung in den Vordergrund treten und die emotionale und soziale Stabilisierung sowie die Konfliktverarbeitung unterstützt werden;
  • (Jugend)Beratung muss sich als Lebenshilfe verstehen, wenn die Probleme auf der Ebene der Ich-Entwicklung und Identitätsfindung angesiedelt sind.

Obwohl die Erfahrung lehrt, dass in der Praxis häufig weder die Problem- noch die Beratungsdimensionen in ihrer Reinform auftreten, ergeben sich hier unverkennbar Arbeitsschwerpunkte für sozialpädagogische und psychologische (Jugend)Beratung. Jugendberatung ist somit nicht auf kompensatorische Funktionen als Krisenintervention in aktuellen Notlagen beschränkt. Jugendberatung soll auch Wachstumshilfe sein, mit dem Ziel, dass Jugendliche besser lernen können, mit sich umzugehen. Ein besonderer Problemdruck muss hierfür nicht vorhanden sein. Diese primär präventive Funktion von Jugendberatung zielt darauf ab, die persönlichen Ressourcen der Jugendlichen zu stärken und damit das Eintreten von Problemlagen (z.B. bezüglich Alkohol und anderer Drogen) zu verhindern. Sekundär präventiv muss Jugendberatung wirken, indem sie bestrebt ist, Problemlagen, Entwicklungsbeeinträchtigungen oder Lernstörungen frühzeitig zu erkennen und zu erfassen (Diagnostik).

Abschließend soll darauf hingewiesen werden, dass die Inanspruchnahme von Jugendberatung für die Ratsuchenden grundsätzlich freiwillig und gebührenfrei ist. Die Jugendberaterin unterliegt außerdem einer besonderen beruflichen Schweigeverpflichtung.

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