KJH | Kinder- und Jugendhaus

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  KJH: Alte Richtenberger Straße 56 | 18437 Stralsund


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  eMail: kjh.stralsund(at)vsp-mv.de

  eMail: info.stralsund(at)vsp-mv.de

  AnsprechpartnerInnen:
  Brit Adamschewski-Sziros (Erzieherin)

Wer wird aufgenommen?

Das Kinder- und Jugendhaus in Stralsund ist ein koedukatives Betreuungsangebot für 8 junge Menschen. Hierbei wird ein integrativer Betreuungsansatz mit einer inkludierten Ausrichtung verfolgt, d.h. dass sowohl behinderte als nicht behinderte junge Menschen (bspw. i.S. § 35 a SGB VIII) in der Einrichtung Aufnahme finden. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden nur von Kindern, Jugendlichen, jungen Volljährigen und jungen Menschen gesprochen, wobei sowohl behinderte, von einer Behinderung bedrohte als auch nicht behinderte junge Menschen gemeint sind. Aufnahme finden ebenfalls junge Menschen anderer Herkunftsländer, wobei zur Absicherung einer integrativen Betreuung auf eine ausgewogenes Verhältnis geachtet wird.

Das Betreuungsangebot bietet jungen Menschen eine gruppendynamische Betreuungs- und Erziehungskonstellation. Das Alter der Klientel ist hilfespezifisch. Für die Wohngruppe beträgt die Alterspanne für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige in der Regel 6-21 Jahre. (Ausnahmen im Einzelfall möglich). Geeignet ist das Kinder- und Jugendhaus für junge Menschen, die auf Grund von Konfliktsituationen nicht mehr im Elternhaus bzw. bisherigen sozialen Umfeld leben wollen oder sollen, die aber bedingt durch individuelle Problemlagen bzw. Entwicklungsproblemen einer strukturierten, intensiven Begleitung bedürfen.

  • Dieses Angebot ist auch für junge Menschen gem. § 13 Abs. 3 SGB VIII im Einzelfall geeignet, die für die Absicherung der Teilnahme an einer schulischen oder beruflichen Bildungsmaßnahme einer betreuten Wohnform mit intensiver sozialpädagogischer Unterstützung bedürfen und eine herkömmliche Internatsunterbringung nicht ausreichend erscheint;
  • Ebenfalls ist gem. § 20 SGB VIII die Unterbringung von Kindern in Notsituationen möglich, wo aufgrund einer (zeitweiligen) Erkrankung eines oder beider Elternteile diese die Versorgung der Kinder vorübergehend nicht wahrnehmen können und eine intensive sozialpädagogische Unterstützung angezeigt ist;
  • Das Leistungsangebot ist ebenfalls für Kinder und Jugendliche gem. § 21 SGB VIII geeignet, die aufgrund der beruflichen Situation der Personensorgeberechtigten zur Erfüllung der Schulpflicht einer Unterbringung in einer intensiven Wohnform bedürfen;
  • Auch der Verbleib von jugendlichen Schwangeren ist bei Geeignetheit gem. § 27 Abs. 4 SGB VIII ausdrücklich möglich.

Die Betreuung erfolgt aufgrund der gesetzlichen Grundlagen gem. §§ 13 Abs. 3, 20, 21 SGB VIII sowie § 27 Abs.4 SGB VIII sowie §§ 27, 41 SGB VIII i.V.m. § 34 SGB VIII sowie gem. § 35 a SGB VIII in stationärer Form.

Im Bedarfsfall und bei freier Kapazität kann bis zu ein Platz für die Unterbringung gem. § 42 SGB VIII (Inobhutnahme) durch das Jugendamt in Anspruch genommen werden.

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Gemeinschaftlicher Wohnbereich


Ziele und pädagogische Prinzipien

Grundlegendes Ziel der Arbeit im der Kinder- und Jugendhaus ist es, die intellektuellen, sozialen und emotionalen Kompetenzen der uns anvertrauten Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen in der Gruppe und durch individuelle Betreuung zu fördern, um ihnen nach Abschluss der Hilfe­maßnahme eine Rückkehr in den familiären Haushalt, den Übergang in eigenen Wohnraum oder die Überleitung in eine weiterführende Hilfeform zu ermöglichen. Die zu Betreuenden haben einen Anspruch darauf, dass ihre Möglichkeiten maximal ausgeschöpft und gefördert werden.

Die MitarbeiterInnen des VSP zwingt dieses Prinzip dazu, deren Kompetenzen wahrzunehmen, zu berücksichtigen und weiterzuentwickeln. Pädagogisch klug handelt, wer möglichst viele Gelegenheiten schafft, die Kompetenzen einzubringen, und wer die Kinder, Jugendlichen, jungen Volljährigen und Eltern nicht unterhalb ihrer Möglichkeiten anspricht. Basis dafür ist nicht zuletzt die Entwicklung authentischer und verlässlicher Beziehungen zwischen Betreuungspersonen und Klienten sowie deren Elternhaus.

Ein weiteres der zugrunde liegenden Prinzipien, mündet in dem Anspruch, nicht nur den Hilfeplan, der im Zusammenhang mit der Hilfegewährung mehr oder weniger präzise, detailreich und verbindlich erarbeitet werden konnte, als Richtschnur des Handelns zu sehen, sondern in den ersten drei Monaten des Aufenthalts einen pädagogisch einzelfallbezogene Problemsichtweise zu erarbeiten. Diese soll Ziele und Möglichkeiten, wie sie schon im Hilfeplan benannt und erarbeitet wurden, operationalisieren und in zeitlicher Hinsicht strukturieren. Inhaltlich wird dabei versucht, besonders die Stärken (persönliche Ressourcen) weiter auszubauen und zu stabilisieren, damit diese unter den Belastungen der Fremdunterbringung nicht bedroht werden und ggf. zusammenbrechen. Wir wissen, dass uns im pädagogischen Prozess enge Grenzen gesetzt sind. Sie rühren aus der Besonderheit der Beziehungen zwischen Heimkindern und ErzieherInnen, aus Besonderheiten des Herkunftsmilieus und aus unseren begrenzten fachlichen und methodischen Möglichkeiten. Daraus ergibt sich u. U., externe Experten hinzuzuziehen. Dies gilt besonders für Ärzte und Psychologen oder andere therapeutische Fachkräfte. So können für verschiedene Bedarfe fallspezifische Hilfesettings entwickelt werden.

Individuelle Förderung darf jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass wir die Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen immer in ihrer Ganzheitlichkeit sehen. Sichtbarem Verhalten sind unsichtbare Motive zugeordnet. Jeder Mensch ist Körper und Geist, jeder hat ein tiefenpsychologisch, d.h. durch sein Unbewusstes mitbestimmtes Leben. Jede Reduktion auf nur eine Dimension verbietet sich daher. Meist weisen die jungen Menschen besondere Defizite hinsichtlich eines erfolgreichen sozialen Miteinanders auf. In aller Regel besteht ein gestörtes Verständnis vom Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten im sozialen Miteinander. Es dominiert nicht selten eine egozentrische Sichtweise. Sich als Teil einer Gruppe zu fühlen und dementsprechend freiwillig eine Rolle zu übernehmen und ihr zu entsprechen, sehen wir als wichtige Aufgabe. Wir wissen darüber hinaus, dass Kinder und Jugendliche, ggf. auch junge Volljährige ein besonders hohes Sicherheitsbedürfnis haben. In der Wohngruppe wird dafür Sorge getragen, dass Übergriffe verhindert werden und dass sich jede / jeder in seinem Einzelzimmer sicher fühlen kann und dass jeder zu jeder Zeit wissen oder erfahren kann, wann und wie Hilfe zu erreichen ist.

Jeder Mensch hat einen Anspruch darauf, als Person nicht gekränkt zu werden. In vollstationären Maßnahmen befinden sich aber vorrangig solche Klienten, die eine erhebliche Kränkungsgeschichte aufweisen. Sich dieser Geschichte gegenüber zu öffnen, ihr möglichst keine weiteren Kapitel hinzuzufügen, ist die Aufgabe der VSP-MitarbeiterInnen. Dieses Prinzip erfordert nicht nur passiv den Verzicht auf Kränkung, sondern auch aktiv das Bemühen um Zuwendung und Wertschätzung. Vor dem Hintergrund der Kränkungsgeschichte wird unterschlagene Zuwendung selbst schon wieder Kränkung. Dieses Prinzip verweist auch darauf, die Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen mit Aufgaben und Zielen herauszufordern, die sie bewältigen und an denen sie ihr Selbstwertgefühl (weiter)entwickeln können.

Folgende Einzelziele seien beispielhaft erwähnt:

  • Erwerb sozial angemessener Konfliktlösungsstrategien;
  • Erkennen eigener Stärken und Schwächen (realistische Selbsteinschätzung);
  • Erwerb eines erhöhten Selbstwertgefühls;
  • Entwicklung und Förderung von Freizeitinteressen;
  • Erwerb lebenspraktischer Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten;
  • Verarbeitung von Kritik und Lob;
  • Verarbeitung von Erfolgen und Misserfolgen;
  • Erweiterung der Frustrationstoleranz;
  • Aufbau und Erhalt sozialer Kontakte;
  • Erweiterung empathischer Fähigkeiten;
  • Üben gegenseitiger Rücksichtnahme;
  • Erhöhung des Selbsthilfepotentials;
  • Krisenbearbeitung;
  • Entwicklung einer eigenen Lebensperspektive.


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Gemeinschaftlicher Wohnbereich


Grundvoraussetzung für diese Hilfeangebote ist die Freiwilligkeit und die Bereitschaft zur Mitarbeit der jungen Menschen und Erziehungsberechtigten. Vorrangig werden die jungen Menschen in Einzelfallarbeit beraten und praktisch unterstützt in beispielsweise folgenden Bereichen:

  • Schul-, Ausbildungs- oder Arbeitsfragen;
  • Ämterangelegenheiten;
  • Freizeitinteressen;
  • Umgang mit Geld;
  • Lebenspraktischen Fähig– und Fertigkeiten;
  • Finden / Festigen von tagesstrukturierenden Elementen;
  • Förderung der Eigenverantwortlichkeit;
  • Kontaktgestaltung zur Herkunftsfamilie.

Die pädagogische Arbeit im Kinder- und Jugendhaus Stralsund erfolgt gleichermaßen einzelfallorientiert, gruppen- und alltagsorientiert, sowie pädagogisch geplant und strukturiert:

  • Gruppen- und alltagsorientiert ist sie, insofern ein "gutes Zuhause" zur Verfügung steht, in dem Versorgung, Anteilnahme, Kommunikation, Bildung etc. stattfinden und unabhängig vom Verhalten der einzelnen Beteiligten vorbehaltlos sicher gestellt sind. Zudem bietet dieses Zuhause ein Lernfeld, in dem die wichtigen Routinen des Alltags, wozu beispielsweise auch der Umgang mit Zeit und Geld gehört, gelernt, trainiert und verinnerlicht werden können;
  • Einzelfallorientiert ist die Arbeit, insofern die Kinder, Jugendlichen, jungen Volljährigen und Eltern in ihrer Biographie und gewachsenen Individualität akzeptiert und keiner Standardbehandlung oder psychologischen Manipulation unterzogen, sondern an der Bearbeitung ihrer Probleme aktiv beteiligt werden;
  • Pädagogisch geplant ist die Arbeit, insofern sie professionell geschieht, sich auf fachliches Wissen beruft und sich im Sinne und Gefolge einer konsensualen Hilfeplanung an der Bearbeitung von komplexen Konstellationen ausrichtet;
  • Strukturiert ist die Arbeit, insofern wir fünf periodisch wiederkehrende Phasen unterscheiden und beachten: Problemidentifikation, Interpretation und Bewertung, Interventionsplanung, Pädagogische Intervention, Evaluation. Das in der folgenden Tabelle zusammengefasste Strukturmodell zeigt, wie Phasen und pädagogische Methoden dabei im Zusammenhang stehen.

Bezugspersonensystem

Jeder Bewohner erhält einen Bezugsbetreuer, der ihn im Alltagsgeschehen berät und praktisch unterstützt. Die Bezugsbetreuer leisten vorrangig die Einzelfallarbeit mit den jeweiligen jungen Menschen. Sie sind verantwortlich für die Koordination von Ämter- und Behördenangelegenheiten, Schriftwechsel, den Informationsfluss, die Gesundheitssorge, Schul- bzw. Ausbildungsangelegenheiten und die Elternarbeit. Der Bezugsbetreuer ist Hauptansprechpartner und eine Art Case-Manager. Gleichzeitig stehen die Bezugsbetreuer aber auch der gesamten Gruppe als Ansprechpartner sowie für Gruppenaktivitäten zur Verfügung. Fällt der Bezugsbetreuer aufgrund von Urlaub oder Krankheit aus, übernimmt ein anderer Mitarbeiter in dieser Zeit die Betreuungsaufgaben. Diese Vertretung wird ermöglicht, da alle Mitarbeiter in die einzelnen Betreuungsprozesse der Wohngemeinschaft mit einbezogen werden.

Dienstplangestaltung

Unsere Dienstpläne gestalten wir so, dass einerseits möglichst lange Phasen entstehen, in denen kontinuierlich an und mit den Beziehungen zu den jungen Menschen gearbeitet werden kann und die individuellen Erziehungsaufgaben gut beobachtet und kleinschrittig modifiziert werden können. Andererseits berücksichtigen wir bei der Dienstplangestaltung aber auch, dass das Wissen und Erleben möglichst aller PädagogInnen zeitnah zusammengetragen werden kann, um so bessere Möglichkeiten zur pädagogischen Evaluation zur Verfügung zu haben. In Spitzenbetreuungszeiten, insbesondere im Nachmittagsbereich wird der Dienstplan so gestaltet, dass in der Regel eine Doppelbesetzung möglich ist. So kann ein individuelles Arbeiten für einzelne Kinder und Jugendliche und junge Volljährige sowie Gruppenaktivitäten strukturiert Berücksichtigung finden.

Gruppen- und alltagsorientierte Arbeitsweise

Das Kinder- und Jugendhaus Stralsund versteht sich als integratives, bedarfsorientiertes Jugendhilfeangebot. Hier findet ein familienorientiertes gemeinschaftliches Leben statt, das von der geglückten Gestaltung des Alltags "lebt". Die Pädagogen sind Organisatoren dieses Alltags und die Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen sind ihre kooperativen Co-Erzieher: "Jugend erzieht Jugend" oder "Positiv- Peer-Culture" sind die entsprechenden Schlagworte, an denen wir den Alltag ausrichten. Wir achten darauf, dass mit Blick auf die Wahrnehmung der jeweilig Anderen Akzeptanz, Rücksichtnahme und Hilfsbereitschaft praktiziert werden. Abweichung von diesen Grundsätzen besprechen wir mit den jungen Menschen und machen sie dadurch mit der Bedeutung von gegenseitiger Solidarität bekannt. Ein Sinn für Disziplin und Ordnung, als wichtige Sekundärtugenden, wird im Zusammenhang mit den haushaltlichen Aufgaben, ebenso wie die schulischen Pflichten erworben bzw. thematisiert.

Eine besonders wichtige pädagogische Möglichkeit besteht auch in der bewussten Kommunikation: Beim Essen, bei Gruppenbesprechungen und in unstrukturierten Begegnungen – wir achten darauf, dass die Kommunikation unter den BewohnerInnen und zwischen BewohnerInnen und PädagogInnen von Akzeptanz und Wohlwollen getragen ist. Diskriminierung, sprachliche Gewalt oder Herabwürdigungen werden nicht geduldet. Bestandteil der Erziehung sind individuelle und allgemein gültige Regeln für das Zusammenleben und für die individuelle Gestaltung des Alltags. Diese Regeln beinhalten auch die Zeitstruktur, d.h. Zeiten, zu denen gelernt wird, zu denen gespielt wird, zu denen sich die ganze Gruppe trifft, um das Zusammenleben zu koordinieren etc. Diese Regeln sind verbindlich und werden dadurch, dass sie im Einzelfall nicht eingehalten werden, nicht ungültig. Die Auseinandersetzung mit Regeln stellt vielmehr ein wichtiges pädagogisches Handlungsfeld dar. Positive Verstärkersysteme sind ebenfalls ein Bestandteil unserer pädagogischen Arbeit. So werden regelmäßig Zimmerkontrollen und -bewertungen durchgeführt, die gruppendynamische Prozesse unterstützen sollen. Wichtig hierbei ist, dass positive Leistungen über kleine Anreize verstärkt werden. Hierdurch wird die positive Grundhaltung der Arbeitsweise unterstrichen. Beteiligung im Alltag, bei der Erarbeitung neuer Gruppenregeln, bei der Bewertung dieser, bei der Planung von Aktivitäten, bei der Erstellung der Essenpläne, d.h. im gesamten pädagogischen Prozess sind weitere grundlegende Haltungen, die der VSP e.V. als Grundlage einer demokratischen Grundausrichtung seiner praktizierten Padagogik versteht und praktiziert.

Möglichkeiten der Einzelförderung

Neben der Gruppenbetreuung stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Einzelförderung zur Verfügung. Sie reichen von gezieltem Elterntraining zur Vorbereitung auf eine Entlassung oder Wochenendbesuchen über Übungen zum Erlernen sozialer Kompetenzen, von psychomotorischen Trainings und heilpädagogische Übungen zu Lesetrainings im Zusammenhang mit Legasthenie sowie vieles andere mehr. Welche Maßnahmen im Einzelfall eingesetzt werden (sollen), ergibt sich aus der Hilfeplanung in Zusammenarbeit mit Eltern und Jugendamt. Einzelförderung soll sich dem Namen nach am speziellen Einzelfall orientieren entsprechend einzelfallorientierter Hilfeziele. Hier ist die separate Betreuung eines einzelnen jungen Menschen zusätzlich zum Gruppenalltag entsprechend einzelfallorientierter Hilfeziele möglich. Dabei variiert der Umfang dieser Einzelförderung entsprechend dem Bedarf und den zeitlichen Ressourcen der Mitarbeiter. Darüber hinaus besteht im Einzelfall in Absprache mit dem Jugendamt die Möglichkeit, über eine zusätzliche Hilfegewährung (Annexleistung) im Sinne eines pädagogischen Mehraufwandes über Fachleistungsstunden zusätzliche Einzelfallbetreuungskapazitäten zu schaffen. Diese werden in der Regel dann durch das ambulante Team des Trägers geleistet.

Pädagogische Projekte

Eine der pädagogischen Methoden, die in dem Kinder- und Jugendhaus des VSP zur Anwendung kommt, sind die sog. "pädagogischen Projekte". Darunter verstehen wir eine gemeinschaftliche Aktivität über einen beschreibbaren Zeitraum, an der sich möglichst alle Mitglieder der Wohngruppe beteiligen. Solche Projekte sind beispielsweise Umgestaltungsaufgaben am oder um das Haus herum, mit pädagogischen Herausforderungen verbundene Ausflüge, wie z.B. zu einem Klettergarten. Auch gemeinschaftliche Urlaubsfahrten, die nicht nur der Erholung, sondern auch der Intensivierung von Gruppenkohäsion und Steigerung der Verantwortung gegenüber dem Ganzen und gegenüber sich selbst dienen, fallen unter die Kategorie "pädagogische Projekte". Pädagogische Projekte werden als solche im Rahmen von Gruppenbesprechungen beschlossen sowie arbeitsteilig geplant und organisiert. Ein Projekt muss als solches "benannt" sein. Projekte finden mehrmals im Jahr statt. Sie werden beispielsweise in speziellen Projekttagebüchern oder auf Photos dokumentiert und in der ganzen Gruppe ausgewertet.

Partizipation

Partizipation als einer der bedeutendsten Gelingensfaktoren in der sozialen Arbeit ist unabdingbar und meint an dieser Stelle für dieses Leistungsangebot neben der Einbindung der Anspruchsberechtigten der Hilfe (i.d.§ 27 SGB VIII die Personensorgeberechtigten/Erziehungsberechtigten) insbesondere die Einbindung und Beteiligung der unmittelbaren Co-Produzenten – die Kinder und Jugendlichen. Dies geschieht in erster Linie in der Alltagsgestaltung in der Gruppe, in der Einzelfallarbeit und in der Hilfeplanung. Partizipative Elemente in der Arbeit sind bspw.

  • Gemeinsame Ausgestaltung und Individualisierung des Zimmers;
  • Gemeinsame Planung von Freizeitaktivitäten;
  • Gemeinsame Essenplanung;
  • Regelmäßige Gruppengespräche;
  • Überprüfung, Bewertung und Weiterentwicklung der Haus- und Gruppenregeln;
  • Gemeinsame Planung von Ferienfahrten;
  • Gemeinsame Planung und Umsetzung der Gestaltung von den Gemeinschaftsräumen;
  • Beteiligung in jeder Phase des Strukturmodells;
  • Beteiligung an der individuellen Beurlaubungsplanung;
  • Beteiligung an der Entwicklung und Planung evtl. notwendiger Zusatzangebote;
  • Gemeinsame Vorbereitung auf Hilfeplangespräche und Hilfeperspektiven, etc.;
  • Abgleich von Zimmerbewertungen.

In der Einzelfallarbeit wird zur Transparenz im Rahmen der Beteiligung im Alltag viel mit persönlichem Feedback gearbeitet, um das Erleben und die Sichtweisen des Teams den Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen zugänglich zu machen.


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Wohnküche


Ressourcen und spezifische Angebote

Freizeitbereich

Neben den örtlichen Angeboten wie Fußballverein, Jugendclub, (Rad-) Wanderwege u. ä. sind durch den Träger ebenfalls vielfältige Möglichkeiten gegeben, sinnvoll die Freizeit zu gestalten. Außerdem sind Möglichkeiten vorhanden, sich kreativ bspw. mit Töpferarbeiten, Korbflechten, Basteln, Sport etc. entsprechend des Alters zu beschäftigen. Den jungen Menschen steht darüber hinaus ein PC zur Verfügung, den sie neben der Nutzung zu schulischen Zwecken in ihrer Freizeit zum Spielen oder multimedial verwenden können. Auf diese Weise werden sie ohne Druck mit den Möglichkeiten der verschiedenen Bereiche von PC-Anwendungen kontrolliert vertraut gemacht und können sich dadurch mit dem Gebrauch, aber auch mit den Gefahren dieser Medien vertraut machen. Ebenfalls stehen zeitgemäße digitale Anwendungen (Playstation, Wii, etc.) zur Verfügung. Diese werden zeitlich begrenzt und pädagogisch eingesetzt. Darüber hinaus steht für jeden Bewohner zur (selbständigen) gesellschaftlichen Teilhabe (Freizeitgestaltung, Bewegungsfreiheit im Stadtgebiet um soziale Kontakte und sportliche/kulturelle oder sonstige Freizeitmöglichkeiten in Anspruch nehmen zu können) entsprechend des Alters eine Monatsfahrkarte für das Stadtgebiet der Hansestadt Stralsund zur Verfügung.

Die medizinische Versorgung wird durch private Arztpraxen oder Fachärzte und -kliniken in Stralsund gewährleistet. Eine Apotheke und Einkaufsmöglichkeiten sind fußläufig erreichbar.

Schule und schulische Förderung

In unmittelbarer Umgebung der Wohngruppe befindet sich eine Regionale Schule mit Grundschule. Verschiedene Grund-, Regional-, Gesamt- und Förderschulen, Gymnasien sowie verschiedene Berufsschulen und Bildungsträger befinden sich in der Hansestadt Stralsund. Darüber hinaus ist es auch möglich, in besonderen Einzelfällen das Angebot der Ernst-von-Haselberg-Schule in Anspruch zu nehmen. Hier gibt es eine intensive Zusammenarbeit. Alle Schulen und Ausbildungseinrichtungen sind über Buslinien erreichbar.Täglich am Nachmittag, bis auf Freitag und Samstag, ist innerhalb des Hauses in der Regel für schulpflichtige Kinder und Jugendlichen eine Stunde Hausaufgabenzeit vorgesehen. In dieser Zeit werden entweder die anstehenden Hausaufgaben erledigt, oder, sollten von der Schule keine aufgegeben worden sein, die Kinder und Jugendlichen beschäftigen sich in dieser Zeit mit Übungen in den jeweiligen schulischen Problembereichen. Spezielle Fördermöglichkeiten (z.B. durch Nachhilfeunterricht) bei gravierenden Schulproblemen werden bei Bedarf im Hilfeplan besprochen, durch den Fachdienst Jugend geprüft und im Hilfeplan festgeschrieben, deren Finanzierung als Zusatzleistungen abgeklärt und entsprechend organisiert.

Als besonderes Zusatzangebot kann der VSP e.V. im Einzelfall je nach Kapazität auf die Installierung eines lerntherapeutischen Angebots in enger Zusammenarbeit mit der Ernst-von-Haselberg-Schule hinwirken. Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Kinder- und Jugendliche, die in Regelschulsystemen als nicht beschulbar gelten. Diese Kooperationsmaßnahme zwischen Jugendhilfe und Schule wird je nach aktuellen Ressourcen der Beteiligten im Einzelfall im Rahmen eines Fachgespräches im Jugendamt unter Beteiligung der verschiedenen Fachkräfte individuell entwickelt. Dies könnte als Einzelmaßnahme beginnen und sich in eine Gruppenmaßnahme entsprechend der einzelnen Entwicklungsverläufe weiterentwickeln. Voraussetzung hierfür ist, dass die in den verschiedenen Systemen (Jugendhilfe, Klinikschule) vorhandene Ressourcen zur Verfügung stellen und bündeln.

Elternarbeit

Zur Verbesserung und Stabilisierung derBeziehungen zwischen Eltern und Kindern - soweit dies im Einzelfall möglich ist – wird in der Betreuung die Elternarbeit impliziert. Damit die Kinder und Jugendlichen im Spannungsfeld zwischen Herkunftsfamilie und Fremdunterbringung (Kinder- und Jugendwohnhaus) ihre Orientierung finden können, müssen die Bezüge zur Herkunftsfamilie hergestellt, aufrechterhalten, gepflegt und - nach Möglichkeit - positiv entwickelt werden. Der Wunsch der Kinder nach Aufrechterhaltung der Kontakte zu Bezugspersonen im familiären Umfeld (Eltern, Geschwister, Verwandte) wird somit akzeptiert und unterstützt. Ziel ist dabei, die Verarbeitung von Trennungserlebnissen und die Neubewertung der Beziehungen zu den Eltern (etc.) zu ermöglichen. Konkret kann die Elternarbeit durch vielfältige Formen der (gegenseitigen)Information und Kooperation verwirklicht werden (gemeinsame Aktivitäten, wechselseitige Einladungen Besuche in der Herkunftsfamilie, Wahrnehmung von Arzt- und Therapiebesuche durch die Eltern). Zeiten und Kostenübernahmen von Beurlaubungen/Heimfahrten werden im Hilfeplan vereinbart, da sie nicht pauschal im Tagespflegesetz enthalten sind. Auch bei jungen Volljährigen kann auf Wunsch Elternarbeit wie zuvor beschrieben geleistet werden. Aufgrund der Volljährigkeit setzt dies jedoch das Einverständnis bzw. den Willen der/des Bewohner:in voraus.

Inobhutnahme

Die Unterbringung im Rahmen einer Inobhutnahme ist durch eine besondere Ausgangslage gekennzeichnet. Eine Inobhutnahme ist in der Regel mit einer hohen emotionalen Belastung verbunden und Bedarf eines besonders sensiblen Umgangs seitens der Erwachsenenwelt. Vordergründig wird hier im Bereich der (emotionalen) Entlastung gearbeitet. Hinzu kommt oft eine besondere Vermittlerrolle der MitarbeiterInnen zwischen Eltern und Kind bzw. Jugendlichen. Grundsätzlich wird während der Inobhutnahme unter Berücksichtigung der individuellen Situation versucht, den Kindern und Jugendlichen so viel Normalität wie möglich zu bieten, um tragende Strukturen erhalten zu können. Als einzige Ausnahme erhalten die in Obhut genommenen Kinder und Jugendlichen kein Taschengeld. Die Zuweisung einer Inobhutnahme erfolgt ausschließlich durch den Fachdienst Jugend des Landkreises Vorpommern-Rügen bei freier Kapazität, wobei der Verwaltungsakt der Inobhutnahme ausschließlich durch diesen vorzunehmen ist. Sich selbst meldende Kinder und Jugendlichen bzw. solche, die um Obhut bitten, werden entweder direkt an den Fachdienst Jugend oder an den bestehenden Kinder- und Jugendnotdienst vermittelt, ggf. begleitet.


Räumliche und strukturelle Bedingungen

Zur Unterbringung der jungen Menschen stehen 8 Einzelzimmer zur Verfügung. Die Zimmer befinden sich im ersten und zweiten Obergeschoss des Hauses. Sie gewährleisten eine Unterbringung, orientiert an den Wünschen und Bedürfnissen der jungen Menschen und bieten notwendige Rückzugsmöglichkeiten. Der Gruppenalltag spielt sich vorwiegend im Wohnzimmer, welches sich im ersten Obergeschoss befindet und der anliegenden offenen Küche ab. Es bietet ausreichend Platz, so dass jeder der jungen Menschn seinen individuellen Interessen in der Beschäftigung folgen kann. Im ersten Obergeschoss ist ein Sanitärbereich mit Dusche, Badewanne, Waschmaschine und Trockner, im zweiten Obergeschoss sind zwei Sanitärbereiche mit Dusche bzw. Badewanne vorhanden. Der Büro- und Erzieherbereich befindet sich im ersten Obergeschoss, im Eingangsbereich des Komplexes in zentraler Lage. Der Mitarbeiter:innenbereich verfügt über einen separaten Sanitärbereich. Die große offene Wohnküche im ersten Obergeschoss bietet ausreichend Platz und ist an die Diele des Eingangsbereiches angeschlossen und erreichbar. Weitere Wirtschaftsräume befinden sich im Komplex. Zudem ist ein Multifunktionsraum vorhanden, der für Hausaufgaben, kreative Angebote, Einzelgespräche, o.ä. genutzt werden kann.

Zum Haus gehört ein Außengelände, das nicht nur spezifischen Interessen und Bedürfnissen der zu betreuenden jungen Menschen entspricht (Spiel, Sport und Freizeit, sondern auch durch Freunde derer mit genutzt werden kann (Vermeidung von Isolierung und Stigmatisierung).

Für die Mobilität (Ausflüge, Ferienfahrten, Einkäufe, Arztbesuche und das Alltagsleben) steht dem Kinder- und Jugendhaus einerseits ein angebotseigener Kleinbus zur Verfügung. Andererseits erhält jeder junge Mensch im Rahmen der gesellschaftlichen Teilhabe und zur Verselbständigung eine Monatsfahrkarte für den öffentlichen Nahverkehr in der Hansestadt Stralsund.

Den Mitarbeiter:innen stehen im Bürobereich moderne Kommunikationsmittel zur Verfügung. So ist die Kommunikation und Dokumentation über einen PC mit Drucker, Scanner und Kopierer und Anbindung an ein firmeninternes Serversystem mit Intranet und Mailfunktion sichergestellt. Zudem sind ein Festnetztelefonanschluß mit Internet sowie ein Mobiltelefon (zur Erreichbarkeit der Gruppe während Abwesenheit) vorhanden.


Personal

Die Gesamtleitung des Kinder- und Jugendhauses erfolgt durch den Koordinator des VSP Stralsund, wobei die pädagogische Leitung durch eine weitere Mitarbeiterin der Jugendhilfestation geleistet wird. Insgesamt werden 5 pädagogische Mitarbeiter:innen für die Gruppenerziehung vorgehalten. Sie werden sowohl von weiblichen als auch von männlichen Erzieher:innen besetzt. Zusätzlich steht für Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, Renovierungsarbeiten, pflegerische Arbeiten im Außenbereich, Materialbeschaffung und sonstige Tätigkeiten eine technische Kraft zur Verfügung.


Kooperationen

Die Kooperation mit den Eltern der Klienten, anderen Projekten des betreuten Wohnens, Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen allgemein und den Jugendämtern der Herkunftsregionen der Klienten ist ein wichtiger Bestandteil der erfolgreichen Arbeit mit den Klienten. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit zu flankierenden Angeboten (Kinder- und Jugendpsychiatern, Kliniken, Ergo- und Logopädien, Beratungsstellen) unabdingbar. Diese Art der klientenorientierten Zusammenarbeit mit anderen internen und externen Projekten und Einrichtungen gibt uns die Möglichkeit, Fördermöglichkeiten für die Klienten individuell bedarfsgerecht auszunutzen. Die Aufgabe des Betreuers ist es, den Klienten zu helfen, von Ressourcen, die zugänglich sind, auch Gebrauch zu machen.

Um dies leisten zu können, knüpft die Leitung des Trägers viele Verbindungen. Institutionen, die den Pädagog:innen, der Einrichtung und den Kindern direkt oder indirekt helfen können, gibt es viele: Jugendämter, Schulen, Beratungsstellen, Jugendzentren, Selbsthilfegruppen, usw. Die Leitung tritt dabei aktiv, kontaktsuchend und -anbietend auf.